Zwei Wochen ist die Tortenshow in Hamburg nun vorbei. Und endlich schaffe ich es auch, euch mein zweites Schaustück in allen Einzelheiten zu zeigen.
Meine zu 100% essbare Skulptur, gestaltet nach dem Bild "Comets" von W. Kandinsky hat eine Auszeichnung in Silber bekommen.
Habt ihr schon mal eine Torte mit dem Auto von A nach B gebracht? Immer wieder ein Nervenkitzel.
Wenn die Torte dann noch eine aufrecht stehende Skulpur ist und der Weg zwischen A und B 1.200 km lang, wird so eine Fahrt zur Nervenprobe.
Kurven, Schlaglöcher,... jeder Bremsakt gestaltet sich als kleiner Nervenzusammenbruch: "Bitte, bitte, bitte bleib stehen!"
Ja, sie blieb stehen. Aber ganz ohne Schäden hat mein Kandinsky die Fahrt doch nicht überstanden. Ein wenig wurde er in die Knie gezwungen. Soll heißen, die Schwerkraft hat ihre Arbeit getan und die ganze Skulptur einige wenige Millimeter einsacken lassen, was schon ausgereicht hat dass sich im unteren Bereich unschöne Falten bildeten.
Da halfen auch kleine Reparaturarbeiten vor Ort nicht mehr. Aber dankenderweise ist die Jury für solche Fälle gewappnet und verteilt "Transportschaden-Kärtchen" - damit ignoriert die Fachjury solche ungewollten Fehler später, wenn es an die Bewertung geht...
Aber bevor die Torte auf große Fahrt gehen konnte, war natürlich jede Menge Arbeit und verdammt wenig Zeit vorhanden.
Ich wusste natürlich schon Monate im Voraus, mit welchen beiden Schaustücken ich in Hamburg antreten wollte. Nun kann aber so eine essbare Torte nicht schon Monate im Voraus fertig gestellt werden. Aber zumindest können zahlreiche Vorbereitungen getroffen werden.
Hab ich auch gemacht!
Aber eine Woche vor der Show kam dann das "böse Erwachen":
Noch sieben Tage, die "Jules Verne" hatte mehr Zeit in Anspruch genommen als zuvor gedacht und auch im Büro türmten sich noch Berge von Arbeit vor meinem Urlaub.
Nie und nimmer kriege ich meine Freestyle-Torte (so der offizielle Name der Kategorie) fertig.
Aber einen leeren Platz in Hamburg hinterlassen?
Auch doof.
Eine Alternative musste her.
Etwas, das relativ schnell zu machen ist, kaum Vorbereitung benötigt und trotzdem halbwegs was her macht.
Ich hatte absolut keine Idee.
Während ich also Samstagnachmittag (ja, der Samstag vor der Show^^) einfach mal damit begonnen hatte einzelne Kuchenböden zu backen - denn die bräuchte ich ja sowieso, was auch immer ich machen würde - lief ich durchs Haus in der Hoffnung nach Inspiration. Ich durchforstete das Internet, ich lag meiner Familie in den Ohren,... aber die zündende Idee wollte einfach nicht kommen.
Zumindest hatte ich dann schon irgendwann mal den Entschluss gefasst, dass es "Kunst" werden sollte. Also kein Nachbau von etwas Vorhandenem (wobei Da Vincis "Pieta" schon cool wäre!), sondern eine freie Form - geschnitzt aus Kuchen.
Und irgendwann, als es draußen schon dunkel war, begegnete mir das Bild "Comets" von Wassily Kandinsky (=> hier der Link zum Original) . Ich fand die knalligen Farben und den schwarzen Hintergrund sofort ansprechend und schnell war auch ein Weg gefunden, wie man dieses Bild in die dritte Dimension bringen könnte.
Endlich konnte ich mit den Arbeiten an der Torte beginnen.
Die einzelnen Lagen Ölkuchen wurden mit "Amerikanischer Buttercreme" (nicht unbedingt lecker, aber zweckdienlich) aufeinander gestapelt und zusammen geklebt.
Eine Vorlage aus Butterbrotpapier gemacht und die Form langsam Zentimeter für Zentimeter aus dem Kuchenblock geschnitten.
Dann schließlich noch alles mit Buttercreme eingestrichen und in möglichst glatte, regelmäßige Formen gebracht.
Endlich konnte die Torte ab in den Kühlschrank und ich ins Bett.
Die gröbste Arbeit war getan, aber die eigentliche Herausforderung wartete erst noch: Das Eindecken!
Wer von euch schon mal eine Kugel eingedeckt hat, weiß dass man am Ende viel zu viel Fondant für viel zu wenig Fläche hat. Keine leichte Sache dabei Falten zu vermeiden.
Wer von euch schon mal was mit schwarzem Fondant eingedeckt hat, weiß dass dieser ziemlich spröde und rissig ist.
Und nun kombiniert diese beiden Dinge, haltet im Hinterkopf dass jedes kleine Fältchen Punktabzug bedeutet und gebt der Kugel den Höhenfaktor 2 -> viel Spaß!
Aber was wäre das Leben schon ohne Herausforderung. Und solche Wettbewerbe sind schließlich dazu da, seine Grenzen neu auszuloten, oder nicht?
Mit anderen Worten: Ich war einfach nur heil froh, als meine Skulpur rundum schwarz eingedeckt war und ich den einen, unvermeidbaren Fondantstoß (bei so viel Zuckermasse muss man irgendwo ein Stück heraus schneiden) so angeordnet hatte, dass er in einer Ausnehmung an der Rückseite verschwunden war.
Somit konnte ich die restlichen Abende damit verbringen, der Skulptur mit bunten Farben Leben einzuhauchen. Das ausgedruckte Bild von Kandinskys "Comets" pinnte dabei ständig an meinem Küchenfenster um das Original immer in Sichtweite zu haben.
Aufgrund des ständigen Zeitmangels habe ich mich dann für die "einfache" Variante entschieden und die geometrischen Formen aus einzelnen Fondantschnüren zusammen gesetzt, statt sie alle einzeln in passender Größe auszuschneiden.
Tja, und so schaffte ich es doch noch, dass am Donnerstag vor der Show meine "Notlösungs-Torte" fertig vor mir stand.
Mein Vater schnitt mir dann noch aus einem Stück Holz einen Sockel - eine Skulptur benötigt nun mal einen Sockel und keinen Tortenständer - und ich fand in der Abteilung für Graffitis den passenden Farbspray in orange.
Aus den letzten Jahren wusste ich, dass die Tische auf der Tortenshow mit roten Tischdecken eingedeckt waren. Oranger Sockel auf roter Decke? Gar nicht gut!
Also musste auch noch eine schwarze Grundplatte her, auf die ich das ganze Ensemble stellen konnte.
Nach dem ganzen Stress im Vorfeld und der viel zu knappen Vorbereitungszeit war ich dann natürlich umso verwunderter, als ich eine SILBERNE Auszeichnung neben meiner Torten liegen sah.
WOW!!!
Fürs Arbeiten und den Transport hatte ich die Skulptur mit Buttercreme auf meinen Drehteller geklebt, damit sie mir nicht umfällt. Erst vor Ort in Hamburg durfte sie sich auf ihren erhöhten Platz am Sockel stellen.
Deswegen sind auch die Fotos vom Fotoshooting leider erst nach der Show entstanden, als die Torte schon ziemlich in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zwei Tage in warmen Räumen hinterlassen nun mal kleine Spuren.
Und was macht man mit einer Torte nach der Show?
Man isst sie auf!
Süße Grüße aus der Küche!
"Jedes Kunstwerk entsteht technisch so, wie der Kosmos entstand -
durch Katastrophen, die aus dem chaotischen Gebrüll der Instrumente
zum Schluss eine Symphonie bilden, die Sphärenmusik heißt.
Werkschöpfung ist Weltschöpfung."
(Verfasser: W. Kandinsky)
Dir fehlt doch nie ein ideealer Einfall.
AntwortenLöschenFür deine "rasche Torte" wurdest du noch mit Silber belohnt.
War ja auch eine gelungene Torte.
Mach weiter So....
Wir sind alle stolz auf dich :)
LG eure
A dabei
Ich bin unglaublich beeindruckt, dass du "noch mal schnell" so eine tolle Torte hergestellt hast. Die ist mir auf der Tortenshow aufgefallen, genauso wie die Jules Verne-Torte und die Torte mit den Steinen letztes Jahr.
AntwortenLöschenHerzlichen Glückwunsch zu deinen Auszeichnungen! :-)