Sonntag, 20. Oktober 2013

Baking Of: "Jules Verne: 20.000 Meilen unter dem Meer"

Bei der Tortenshow 2013 in Hamburg durfte ich mich ja über eine Auszeichnung in Gold für diese Torte freuen. Bis dahin ist es aber ein langer, klebriger Weg... 


... den ich für euch in Bildern festgehalten habe.
(Und selbstverständlich gibt es auch jede Menge Fotos der fertigen Torte!)

Eine der häufigsten Fragen, die immer wieder aufgetreten ist: "Wie kommst du auf so eine Idee?"
Tja, wie kommt man auf die Idee... man hat einen Geistesblitz - ganz einfach. ;o)
Oder auch nicht.^^

Natürlich habe ich in den letzten Jahren wohl tausende von Torten gesehen, die auch mal im Hinterköpfchen gespeichert bleiben, aber richtig interessant wird es für mich erst, wenn ich etwas mache das ich so noch nie gesehen habe.
Im Frühsommer (war es Frühsommer?) wurden die diesjährigen Kategorien bekannt gegeben, in denen man sich mit den anderen Tortenkünstlern messen kann. Dieses Jahr neu "Thementorte: Unterwasserwelt". Jea! 
Eine neue Kategorie.
Eine spannende Kategorie.


 Hunderte Bilder huschten sofort durch meinen Kopf. Der erste Gedanke: Ein Riff.
Ok, das wird es also ganz bestimmt nicht, den diese Idee werden noch mehr Künstlerinnen haben.
Schnell war klar, dass ich mit meiner Torte eine Geschichte erzählen will. 
Titanic? zu abgedroschen (außerdem doch hauptsächlich "über" dem Wasser); 
Atlantis? Nö, zu riffähnlich; 
Arielle? Zu kindlich;
Jules Verne? Ja!!!


Also Skizzenbuch geschnappt und los gezeichnet: Eine Krake, die ein U-Boot jagt. 
Ich mag keine 1:1-Modellierungen - dabei kann man einfach zu viel falsch machen und es lässt der Fantasie keinen Spielraum, also sollte das Boot nur stilistisch jenem aus dem Walt Disney Film von 1954 nachempfunden werden. Aber wie sieht das noch mal genau aus? Es lebe das Internet!
Und nachdem ich den Film auch nicht mehr so ganz im Kopf hatte, gab's einen Nachmittag mit Laptop und Popcorn auf der Couch.
Soweit, so gut.
Aber erkennen andere Leute auch, was das Thema der Torte ist? Ich sollte ihnen noch einen kleinen, aber offensichtlichen Tip geben. Den Titel "20.000 Meilen unter dem Meer" direkt auf die Torte zu schreiben wäre dann jedoch ZU offensichtlich. Aber ein Portrait von Jules Verne wäre irgendwie cool.
Nachdem es aber schon verdammt lange her ist, dass ich mein letztes Portrait gemalt habe (es war damals ein "Selbstportrait" für eine Aufnahmeprüfung -> ich wurde nicht genommen^^), sollte ich erst mal sehen ob ich das überhaupt schaffe. Und ob es so aussehen würde, wie mir mein inneres Auge es gerade vorzeichnet: Eine "Kreidezeichnung" auf schwarzem Grund...


... Ja, genau so will ich es haben! Versuch geglückt. 
Dass das ganze dann direkt auf der Torte, vertikal und gebogen gemalt wird lassen wir jetzt einfach mal außer Acht. Es klappt theoretisch - das genügte fürs erste.

Nächstes Problem: die Augen der Krake. Ich finde Augen sind ein ganz heikles Thema. Mit ihnen steht und fällt der Ausdruck in einem Gesicht. Wenn sie dann noch so dominant wie bei einer Monsterkrake sind, sollten sie tief und aussagekräftig sein.
Also nicht so, wie es mein Probeauge war:


Das geht noch besser, denke ich - oder hoffte ich zumindest.
Bis zum Schluss war die Farbe der Krake das große Fragezeichen in meinem Kopf. Zur Debatte standen Schwarz, Braun und Blau. 
Schwarz wenn es eine Black-&-White-Torte werden sollte.
Braun in Harmonie mit dem Kupfer des U-Boots.
Blau um ein besseres "Unterwassergefühl" zu bekommen.
Wie gesagt, diese Frage blieb bis zum Ende hin offen und wurde erst entschieden, nachdem ich beschlossen hatte die blaue Seekarte zu malen.

Nun waren also alle Eckpunkte geklärt. Ihr seht, alleine so eine Ideenfindung und -Entwicklung kann schon ganz schön viel Zeit in Anspruch nehmen. 


Jetzt konnte endlich mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden. Erster Schritt: Das Innenleben.
Um also eure Frage zu beantworten: "Ist da echter Kuchen drunter?"

Nein.
In dieser Kategorie war es erlaubt mit Dummies zu arbeiten - also nicht essbarem Innenleben. 
Meine Torte ist zwar theoretisch essbar (eine Mischung aus Marshmallows und Cornflakes, eingestrichen mit amerikanischer Buttercreme), schmeckt aber nicht sonderlich lecker.


Es wäre auch schwer möglich (oder nur mit ein paar wenigen Kuchen möglich), eine so aufwändige Torte in so kurzer Zeit zu machen, dass der Kuchen nicht schon während dem Arbeiten verdirbt.


Damit komme ich dann zur nächsten, oft gestellten Frage: "Wie lange hast du denn für diese Torte gebraucht?"
Ganz ehrlich: würde ich die Stunden immer niederschreiben, die ich an so einer Torte arbeite, würde ich wohl irgendwann selbst die Geduld verlieren. Wenn ich jedoch im Nachhinein alles zusammenrechne, wie viele Wochenenden und Abende ich mit Jules Verne verbracht habe komme ich wohl auf etwa 40 bis 50 Stunden. Also eine gute Woche intensive Arbeit von morgens bis abends. 

Nachdem die Torte mit schwarzem Fondant eingedeckt war (oder sogar zwei Mal eingedeckt wurde, weil ich mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden war und einfach noch eine Lage Fondant darüber deckte) konnte ich mit dem Malen beginnen. 
Man hat genau EINEN Versuch. Glückt er nicht, muss mit dem Eindecken und Malen von Neuem begonnen werden. Fehler können hier nicht ausgebessert werden.


Umso genervter war ich, dass Jules Verne's Nase etwas zu hoch saß. Aber mit ein paar Pinselstrichen konnte ich es halbwegs verdecken. Wer schaut schon auf die Nase... 


Gemalt habe ich übrigens mit in Alkohol aufgelöster weißer Puderfarbe. Es gibt zwar auch flüssiges Weiß, aber das deckte mir zu stark und ergibt nicht diesen etwas unregelmäßigen Farbverlauf, wie ihn die groben Puderpartikel bringen. 
Nachdem Jules Verne einigermaßen zufriedenstellend auf der Torte verewigt war, folgte das Boot. Erstmal musste eine Schablone an die Tortenform angepasst werden. Es sollte ja so aussehen, als würde das U-Boot direkt aus der Torte raus kommen. 


Die Schablone habe ich dann mit dünnen Stecknadeln in Form gebogen. Auch wenn das Gerüst letzten Endes auf der Torte eben wirkt, ist es alles andere als das.
Somit musste auch die Blütenpaste direkt auf der Torte getrocknet werden um die passende Form zu erhalten.


Während die ersten U-Boot-Teile am Trocknen waren und ich somit an der Torte selbst nicht weiter arbeiten konnte, beschäftigte mich die Frage der Grundplatte.
Die Krake sollte natürlich eine passende Unterlage bekommen. 

Also ging ich auf die Suche nach einer alten Seekarte des Marianengrabens. 
Wer erkennt den Fehler?
Genau, der Marianengraben wurde erst 1899 erforscht. Wie sollte ich da eine historische Seekarte finden?!? 
Aber nachdem die Tortenshow ja in Hamburg statt findet und Hamburg bekanntlich einen Hafen hat, gibt es davon bestimmt Karten... Ja, gibt es, aber alles Interessante auf diesen Karten würde von meiner Torte und der Krake verdeckt werden.
Am Ende habe ich dann aber doch eine recht naheliegende Lösung gefunden.

Erkennt es jemand? (Die Auflösung findet ihr am Ende des Beitrags!)


Mit einer Mischung aus Pastenfarbe, Puderfarbe und Alkohol habe ich erst mal die Küstenlinie auf den Fondant gebracht und gut durchtrocknen lassen.


Anschließend wurden mit einem flachen Pinsel die Flachwasserbereiche einschattiert.
Die nautischen Navigationslinien sind nicht mit Pinsel, sondern mit einem schwarzen Lebnsmittelstift gezeichnet. Die brauchten wohl mit meine größte Konzentration, denn das ist nicht ein einfaches Liniennetz, nein, es sind zwei Netze die sich überschneiden. Einmal einen Punkt mit einem falschen verbunden und schon ist die ganze Arbeit zu verwerfen.
Und das war viel Arbeit kann ich euch sagen. Mit der Seekarte alleine habe ich ein langes Wochenende verbracht.


Als die Seekarte soweit fertig war, konnte ich auch an meinem U-Boot weiter arbeiten. Die Seitenflügel wurden beidseitig mit Icing verziert und die Ränder erhielten ihre typische Zackung, wie sie auch das Boot im Film hat.


Und nun konnte ich auch nicht mehr länger mit der Modellierung der Krake warten, vor der ich großen Respekt hatte. Die Zeit rannte - noch zwei Wochen bis zur Show!


Erstmal mussten die Augen gemacht und richtig im Styroporkörper der Krake positioniert werden. Dann ging es ans Eindecken der Kugel samt Augen. 
An den Körper ran wurden die Tentakeln modelliert, die die Torte und das Boot umklammern sollten. 


Da das Boot aber das letzte Teil sein sollte, das auf der Torte befestigt wird (Kupferfarbe hat die Eigenschaft, dass alles glitzert was an sie ran kommt - nicht gerade vorteilhaft bei solchen Arbeiten), wurden die Krakenarme mit Hilfe von dicken Filterwattewolken in Form gebracht.


So durfte die Krake nun erst Mal eine Woche gut durchtrocknen um am Ende auch schön stabil zu sein. Eine gebrochene Tentakel wäre der Supergau gewesen!

In dieser Zeit konnte ich mich um die letzten kleinen Arbeiten kümmern: 
Die Saugnäpfe mussten noch modelliert werden und das U-Boot bekam seinen Anstrich.


Am Wochenende vor der Show konnte ich dann die Torte finalisieren. 
Die Krake wurde von ihren Wattewolken befreit, dafür wurden zig kleine Saugnäpfe an die Tentakeln geklebt; sie bekam Schattierungen mit Hilfe des Airbrushes um lebendiger zu wirken und am Ende wurde dann noch das U-Boot an seinen Platz gesetzt und mit kleinen schwarzen Icingpunkten fixiert.

Aber irgendwas fehlte. Der Platz zwischen dem Boot und dem Portrait wirkte so leer.
Also noch mal Pinsel und Farbe aktiviert und schon hatte Jule Verne "persönlich" die Torte signiert. 


Noch eine Webkordel als Randabschluss um die Seekarte befestigt und fertig war mein Meisterwerk!
Jetzt musste es also nur noch 1.200km Fahrt nach Hamburg überstehen. Aber was ist das schon im Vergleich zu 20.000 Meilen unter dem Meer...


Umso ärgerlicher ist es dann, wenn man sieht wie die Besucher der Show mit den Torten umgehen, sie anfassen, mit ihren Ellenbogen und Handtaschen über die Schaustücke streifen und das Ergebnis dann SO aussieht:





Nun aber viel Spaß mit den Detailbildern!
















Süße Grüße aus der Tiefseeküche!


"Das Meer ist alles. Es bedeckt sieben Zehntel der Erde. Sein Atem ist rein und gesund. Es ist eine immense Wüste, wo ein Mann nie alleine ist, in dem er fühlen kann, wie das Leben aller in ihm bebt. Das Meer ist nur ein Behälter für alle die ungeheuren, übernatürlichen Dinge, die darin existieren; es ist nicht nur Bewegung und Liebe; es ist die lebende Unendlichkeit."
(Verfasser: Jules Verne)


Und hier noch die Auflösung des Seekartenrätsels:


9 Kommentare:

  1. Die ist sooooooo toll!!! Glückwunsch zu Gold!

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  2. Wow wow wow! Danke für das tolle Baking-of dieser grandiosen Torte :)

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  3. Deine Torte hat mich auf der Tortenshow einfach umgehauen. Sie hat mir am Besten von allen gefallen. Und dass du die Seekarte selbst gemalt hast, hätte ich nie gedacht - das ist so cool!
    Du hast einen neuen Fan. :-)

    Liebe Grüße, Venda

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  4. Diese Torte hat mich sofort beeindruckt. Wirkich toll.
    LG,
    Daniela

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  5. Gratuliere noch mal zum Gold.
    So viel Aufwand für eine Ausstellung.
    Nur gut, dass diese Torte keiner anschneiden muss.
    Wirklich tolle Leistung.

    Mäusezähnchen

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  6. Gratulation
    Gold u. Silber!!!
    Wenigstens wird hier deine Kunst, Ideeen, Mühen, mit all den Feinheiten mit Medailien belohnt.
    Eure A dabei

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  7. Deine Torte ist sowas von wunderschön und beeindruckend, Gold hast du dir wirklich verdient! Glückwunsch!

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  8. Vielen herzlichen Dank für eure netten Kommentare! Es freut mich natürlich, dass euch meine Torte auch anspricht. Bin ja selbst ein wenig in sie verliebt. ;o)

    Süße Grüße,
    An

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